Bis Ende des Jahres werden etwa 80 Prozent aller Säle digitalisiert sein. Der Rest soll bis spätestens Ende 2015 folgen. Dadurch steigt der Kostendruck bei den Betreibern und die Anforderungen an individuellere Lösungen bei den Technikanbietern in den Bereichen Projektion, Ton und TMS.
Projektoren
„Schwerpunkt bei der CineEurope in Barcelona waren die neuen Projektoren, teils mit integriertem Media-Block (IMB), für kleine Bildwände von Sony, Christie und NEC“, sagt Sven Bannert, Sales Manager bei dcinex (vormals XDC/FTT). Ausgeliefert werden die Projektoren von den Anbietern im vierten Quartal. Der Christie-Projektor Solaria One hat einen IMB und eine Xenonlampe. Wie alle anderen Projektoren kann auch er alternativen Content sowie 3D-Filme abspielen. Sony und NEC setzen bei ihren kleinen Projektoren auf Quecksilberhochdrucklampen. Den NEC-Projektor NC900C bezeichnet Sven Bannert als ein sehr gutes System, das eine Lücke schließt und für den Kunden preislich attraktiv ist. Es verfügt über den neuen 0,69-Inch-DLP-Chip von Texas Instruments und ist wie der Solaria One für Leinwände bis neun Meter geeignet. Wie alle anderen Hersteller setzt auch Barco bei seinem Projektor DP2K-12C auf niedrige Betriebskosten. Alle maßgeblichen Komponenten wurden in Hinblick auf Wartungsfreundlichkeit und besonders lange Lebensdauer konzipiert. Als einziger der kleinen Projektoren ist nur der Sony SRX-R515 ein 4K-Projektor. „Gedacht ist er für Betreiber, die bei der Versorgung von analogen Kopien langsam Probleme bekommen, sich Gedanken über die Zukunft ihres Kinos machen und daher nun eine kostengünstige, zukunftssichere Lösung für Leinwände bis zu zwölf Metern suchen“, sagt Stefan Zingel, Digital Cinema Solutions Account Manager bei Sony Professional Solutions Europe. Durch die neue Lichtquelle kommt es zudem zu einer Verbesserung des Kontrastverhältnisses gegenüber den anderen Projektoren. Bei ihnen ist ein Verhältnis von 2000:1 üblich, während der SRX-R515 über einen Kontrast von 5000:1 bei gleicher Farbbrillianz verfügt.
Lampen
Quecksilberhochdrucklampen sind nur für kleinere Projektoren sinnvoll, da ihre Lichtleistung zwar für kleine, nicht aber für größere Leinwände ausreicht. Im Sinne der Gesamtkosten entwickeln die Lampenhersteller jedoch weitere Modelle, die kostengünstige Alternativen zu großen Xenonlampen darstellen. „Die Volldigitalisierung hat eine große Bandbreite an Anforderungen mit sich gebracht“, sagt Jana Daberkow, Area Salesmanager bei Philips. „Dadurch vergrößern wir unser Portfolio, um maßgeschneiderte Lösungen zu ermöglichen.“ Im Grunde werden die Lampen so weiterentwickelt, dass ihre Lichtleistung den Anforderungen bestimmter Saalgrößen entspricht und sie länger halten.
Während Philips nicht gesondert auf die längere Haltbarkeit seiner Lampen in deren Bezeichnung hinweist, hat Ushio die L-Serie als neue Produktreihe für digitale Projektoren auf den Markt gebracht. Die Lampen halten länger als die vergleichbaren Standardlampen, was sich auch in einer durchschnittlich 30 Prozent längeren Garantiezeit niederschlage, so Nils Büker, Sales Director Ushio Europe. Inzwischen setzen Kinobetreiber bereits bei fünf Prozent ihrer Projektoren auf die neue L-Series, mit stark steigender Tendenz. Erreicht wird die längere Lebensdauer der Ushio-Lampen durch eine weitere Verbesserung in der Fertigung. „Damit ist unserem Qualitätsmanagement ein Riesenclou gelungen, auf den wir sehr stolz sind“, sagt Antonie Glaser, Marketing Manager Ushio Europe. Interessanterweise ist die Anfangshelligkeit der L-Serie-Lampen verglichen mit den Ushio-Standardtypen geringfügig niedrigerer. Dafür sinkt die Helligkeit im Lauf der Lebenszeit deutlich weniger ab, was letztlich nicht nur eine längere Lebensdauer, sondern auch eine höhere Helligkeit am Ende der Lebensdauer bietet. Insgesamt reduzieren sich somit die Betriebskosten für den Kinobetreiber.
Einstweilen keine Rolle spielen Laserlampen – die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen. Spannend ist laut Sven Bannert vielmehr die Entwicklung der Quecksilberlampen. Sie haben ein anderes Farbspektrum als Xenonlampen, sind jedoch modular aufgebaut, was die Wartung erleichtert. Gleichzeitig sind die Anschaffungskosten geringer. Da immer mehrere UHP-Lampen gleichzeitig eingesetzt werden, um die erforder-liche Lichtleistung zu erhalten, müssen jedoch alle Lampen gleichzeitig ausgetauscht werden, wenn eine kaputtgeht. Andererseits kann eine Vorstellung mit den verbleibenden Lampen zu Ende gebracht werden. „Noch gibt es keine Erfahrungen, und brauchbare Daten wird man erst nach einem halben oder Dreivierteljahr haben“, so Bannert. „Aber die perfekte Lösung gibt es ohnehin nicht. Jede Lösung muss individuell auf die Anforderungen des Saals und die Wünsche des Kunden bei ihm vor Ort zugeschneidert werden. Aber dafür können wir alles anbieten!“
Brillen
3D ist im Brillenbereich eine sichere, funktionierende Technik. Lediglich zwischen den drei verschiedenen Systemen bestehen Unterschiede. So verweist Brian Kercher, Managing Director 3D Cinema bei MasterImage, gern darauf, dass 28 Prozent des Umsatzes von MasterImagemit dem Austausch von Dolby und Xpand-Installationen erzielt wurden. „Das heißt, dass viele Kunden ihre Brillensysteme nicht mehr managen wollen“, so Kercher. „Und es heißt, dass das passive System zum Standard wird.“ Beim passiven, zirkular polarisierenden System müssen die Brillen für HFR nicht ausgetauscht werden, da die Polarisation mithilfe eines 3D-Projektor-vorsatzes erfolgt, der zumindest bei Master-Image in der Lage ist, das im Film eingebettete Umschaltsignal umzusetzen. Aktive Brillen, wie Xpand sie anbietet, müssen unter Umständen ausgetauscht werden. Wie Xpand während der CineEurope verlautbarte, sind alle vorhandenen Brillen mit dem Single-Flash-Verfahren kompatibel. Schon jetzt werden bei Triple-Flashverfahren 144 Bilder pro Sekunde gezeigt. Beim Single-Flash-Verfahren mit HFR sind es nur 92. Beim Double-Flash-Verfahren sind es 184. „Zu diesem frühen Zeitpunkt wissen wir noch nicht, ob bei HFR-Inhalten Flashing genutzt wird, daher wird die Technologie, die das ermöglicht, in alle neuen Xpand-Produkte eingebaut“, sagte Maria Costeira, CEO von Xpand 3D in Barcelona. Seit Juni ist neben Volfonis aktivem Brillensystem auch das passive SmartCrystal Cinema erhältlich. Es ist vollständig kompatibel mit HFR. „SmartCrystal ist hochwertig, einfach zu installieren, zu wettbewerbsfähigen Kosten erhältlich sowie lizenzfrei,“ so Jerome Testut, Geschäftsführer von Volfoni Amerika.
Ton
Beim Ton steht der 3D-Ton im Kino im absoluten Mittelpunkt. Neue Entwicklungen wie Dolbys Atmos oder Barcos Auro-3D operieren mit deutlich mehr Lautsprechern als bisherige Systeme. Während der CineEurope hat Dolby Atmos zum ersten Mal vorgestellt – im Cinesa in Barcelona, dem ersten Kino in Europa, das Filme in Dolby Atmos wiedergeben konnte. Zurzeit sind weltweit rund 20 Kinos mit Atmos ausgestattet. Bis Ende des Jahres sollen allein in Europa 20 Atmos-Leinwände hinzukommen. Um das System, das sich noch in der Betaphase befindet, weiterzuentwickeln, hat Dolby Imm-Sound gekauft. „Die Technologie ergänzt Dolby. Imm-Sound hat Installationserfahrungen, von denen wir profitieren“, sagt Michael Dalock-Schmidt, Marketing & PR Manager bei Dolby Deutschland. „Andererseits haben wir den Zugang zu den Studios, die Atmos implementierten.“
Kassen
Das große Thema im Kassenbereich sind E-Ticket und Mobile Admittance. In Deutschland ist der „papierlose Zugang“ jenseits des Testbetriebs im Kinopolis Hanau allerdings noch Zukunftsmusik. Daher steht bei Compeso der neue Abhol- und Verkaufsautomat im Vorder-grund. Dort kann der Zuschauer das zuvor im Internet gekaufte Ticket abholen oder eins kaufen und zugleich eine Concession-Order aufgeben und bezahlen, die wenig später abholbereit am Tresen auf ihn wartet. Compeso hat die Software für Internet- und Automatenbestellung so weit verfeinert, dass es auch möglich ist, bereits im Internet ein Paket aus Ticket und Concession-Artikeln zu bestellen. Für Kunden, die wissen, was sie wollen, geht es dann beim Einlass schneller, und Betreiber können – wenn das System sich durchsetzt – den Wareneinkauf besser planen. Natürlich gehen die Konzepte aber auch hierzulande hin zum komplett digitalen und dadurch hochflexiblen Ticketverkauf. Karl-Joachim Lohkamp, Key Account Manager von Compeso, schwärmt von mobilen Kassen für den Ticketverkauf, mit deren Hilfe man Stoßzeiten abfangen kann, sowie von mobilen Einlasskontrollen, bei denen der Zuschauer per Barcode von seinem Smartphone eingelassen wird und allerhöchstens einen Bon bekommt, auf dem Kino und Sitz verzeichnet sind.
Davon träumt auch Harald Stumpf, Business Development Manager von Ticket.International. „Bis auf Deutschland ist das Handyticket gang und gäbe“, stellt er fest. Beide Unternehmen, die in ganz Europa Kinos mit ihren Systemen versorgen, bieten außerhalb Deutschlands eine Einlasskontrolle an, die einen iPod Touch nutzt. „Die Kunden wollen zwei Sachen: State-of-the-Art-Technik und Luxus“, sagt Karl-Joachim Lohkamp. Beides soll sich bereits am Einlass zeigen. Dass dies gewünscht ist, bestätigt Harald Stumpf: „In Frankreich wird das Mobile Ticketing durch alle Altersgruppen hindurch stark genutzt – auch von Senioren.“
Weitere Neuerung bei Ticket.International ist die ab Herbst erhältliche neue Programmversion 8 ihrer TMS-Software. Gerade für den Backoffice-Bereich gibt es ein frischeres Aussehen und mehr Möglichkeiten für den Nutzer. Und bei beiden Dienstleistern wird stark in Richtung der totalen Integration der Abläufe im Kino gedacht, indem das TMS über eine Schnittstelle mit Saaltechnik und Bildwerferraum verbunden wird. So bleibt das Personal immer auf dem Laufenden, kann Fragen wie „Läuft die Werbung noch?“ und Abläufen wie dem nächsten Einlass effizienter begegnen und organisieren.
Beim Integrator dcinex sind die Schwerpunktthemen Projektoren für kleinere Bildwände und das neue Saalsteuersystem, das ab Ende des Jahres verfügbar ist. Die Saalsteuerung lässt sich über eine Tablet-Anwendung steuern. „Die Anwendung wird maßgeschneidert, denn sonst lassen sich ihre Möglichkeiten vor Ort gar nicht voll ausnutzen“, sagt Sven Bannert. dcinex testet alle neuen Geräte, um sie genau kennenzulernen. Und erst wenn man selbst zufrieden ist, „können wir sie auch mit gutem Gewissen und un-serem Namen dahinter ins Programm nehmen“, so Bannert. stei
Der Artikel erschien ursprünglich im August 2012 in der Fachzeitschrift Blickpunkt:Film